Ortsmitteplanung voranbringen und Hotelplanungen stoppen

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

wir stellen nachfolgenden Antrag und bitten um gremienmäßige Behandlung gemäß der Geschäftsordnung des Gemeinderats:

Der Gemeinderat beschließt:

I. Die Planungen der Gemeinde für ein Hotelbau im Plangebiet Bahnhofstraße-West werden eingestellt und nicht weiter verfolgt.

II. Im Plangebiet Bahnhofstraße-West werden stattdessen in die planerischen Überlegungen Kinderbetreuungseinrichtungen sowie altengerechte Wohnformen ausdrücklich mit einbezogen.

III. Im Übrigen wird die Planung der Bahnhofstraße-West als einheitliche Gesamtplanung für das gesamte Plangebiet wieder aufgenommen und als städtebauliche Planung (statt als Einzelfall-Planung) weiter betrieben.

Die derzeitigen Planungen des von der CSU- Mehrheit im Gemeinderat beauftragten Planers sehen einen sieben- bis achtstöckigen Hotelbau mit 90 Zimmern und etwa 180 Betten am südlichen Ende der Bahnhofstraße vor. Der Architekt geht von einer dafür notwendigen Geschossflächenzahl (GFZ) von deutlich über 1,0 aus. Die für die Bahnhofstraße-West planerisch vorgesehene GFZ liegt eigentlich im Schnitt deutlich niedriger.

Die Planungen werden von schwarz-grün betrieben, ohne die planerischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen durchdacht zu haben. Die Hotelvision entpuppt sich bei näherer Betrachtung als Traum an den Realitäten vorbei:

  1. Die bauliche Verdichtung auf dem Hotelgrundstück mit einer GFZ von über 1,0 hätte auch Auswirkungen auf das umliegenden Plangebiet. Die umliegenden Grundstücke wären in der GFZ anzupassen und hätten ebenfalls eine Anwartschaft auf eine vergleichbare GFZ. Die Folge wäre eine deutliche Verdichtung der Bebauung im Bereich Bahnhofstraße, die weit über die bisherigen Planungen aus dem Architektenwettbewerb hinaus geht. Die bisherige Planungen rund um den Architektenwettbewerb zur Bahnhofstraße werden zur Makulatur.

  2. Die Planungen befinden sich aber auch wirtschaftlich im Blindflug. Trotz konkreter Suche der Gemeinde hat sich bislang weder ein Investor zur Errichtung des Gebäudes noch ein Betreiber eines Hotels ernsthaft für den Standort interessiert. Beides wäre aber für einen Hotelbetrieb in Gröbenzell erforderlich. Zunächst müsste ein Immobilienentwickler das Hotelgebäude errichten, bevor ein Hotelbetreiber den Hotelbetrieb übernehmen kann. Schwarz-Grün ignoriert allerdings das für alle offensichtliche Desinteresse der Branche obwohl alle relevanten Standortfaktoren erkennbar gegen das von schwarz-grün herbeigesehnte Hotel sprechen:

a) Ausschlaggebend für ein Investment in eine Hotelimmobilie ist insbesondere die Lage des Hotels. Investiert wird entweder in Städte mit überregionaler Bedeutung oder im Einzelfall in Flughafenhotels, Messestandorte oder besondere Wirtschaftsstandorte. All das hat Gröbenzell nicht und unterscheidet sich dabei vom Umland im Osten von München, das sowohl von der Messe München als auch partiell noch vom Flughafen profitieren mag.

b) Auch die Anbindung an die S-Bahn hilft hier nicht weiter. Hotels mit Ausrichtung auf den Tourismus in München werden in München üblicherweise nicht außerhalb des mittleren Rings angesiedelt.

c) Selbst wenn man den Lageaspekt außer acht lässt, investieren institutionelle Immobilienentwickler üblicherweise erst ab einem bestimmten lohnenswerten Schwellenbetrag in Hotelimmobilien. In Fachveröffentlichungen werden Projekte ab einem Investitionsvolumen von 20 Mio. EURO und mindestens 120 Zimmern als interessant genannt. Projekte in dieser Größenordnung sind am vorgesehenen Standort jedenfalls nicht zu realisieren und auch nicht wünschenswert.

d) Die verkehrstechnische Anbindung ist für die Investoren ebenfalls ein entscheidendes Kriterium. So wird für das Projekt meist eine bestimmte Parkplatzquote gefordert. Außerhalb von Innenstadtlagen ist es mit einem bloßen S-Bahnanschluss nicht getan. Bei einem Parkplatz pro Zimmer wären mindestens 90 Parkplätze vorzusehen. Parkplätze für Busse wären ebenfalls im Bereich der Bahnhofstraße unterzubringen.

e) Auch das für die angestrebten 180 Übernachtungsgäste täglich erforderliche Verkehrsaufkommen ist bislang weder berechnet noch in die Planungen mit eingeflossen. Hotels müssen an überregionale Fernstraßen, insbesondere Autobahnen angebunden sein. Es ist klar, dass erhöhter Reisebusverkehr zur Anbindung des Hotels zwingend erforderlich ist. Die dafür notwendige Zuführung des Fernverkehrs von den Autobahnen ist für die Bahnhofstraße nur über die Eschenrieder Straße oder die Freyaunterführung und Schubertstraße möglich.

f) Zuletzt bleibt auch fraglich, wer das Hotel betreiben soll. Immobilieninvestoren akzeptieren in der Regel nur erfahrene Hotelbetreiber und keine ambitionierten Neustarter oder Einzelunternehmer. Ein Pächter mit langfristiger Perspektive und entsprechender Erfahrung wäre Voraussetzung für eine Investitionsentscheidung.

Diese nicht abschließende Aufzählung von Standortimplikationen kommen bislang in der Planungsdiskussion nicht vor, zeigen aber, dass die Bahnhofstraße als Hotelstandort wirtschaftlich wenig attraktiv erscheint.

  1. Die ästhetischen Folgen eines solchen Hotel-Vorhabens sind ebenfalls nicht durchdacht. Der Planer sprach bereits von einer erforderlichen hohen Stockwerkzahl. Aber auch die äußere Gestaltung des Hotels wird stark von der Hotelklassifikation und der zu erwartenden Investitionsrendite abhängen. Der Immobilieninvestor, der das Gebäude errichtet wird schon wegen der legitimen Renditemaximierung nicht geneigt sein, in architektonische Feinheiten zu investieren. Ein solches Hotel wird unter den gegebenen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sehr wahrscheinlich nur als funktionaler Zweckbau umgesetzt werden können. Das gilt es beim Traum vom City- Hotel ebenfalls zu berücksichtigen.

Unter Verdrängung der planerischen und wirtschaftlichen Schlüsselfragen wird am Traum vom City-Hotel Gröbenzell weitergebastelt und die Planungen werden vorangetrieben. Ernsthafte Alternativen zu einem Hotelbau werden nicht in Betracht gezogen. Damit werden die Planungen zur Bahnhofstrasse wieder unnötig verlängert.
Gröbenzell benötigt statt einer Planungs- oder Investitionsruine viel dringender altersgerechten Wohnraum, Demenzwohngruppen oder Raum für Kindereinrichtungen. Diese Alternetivplanungen sollten in die Gesamtplanung mit einfließen.
Auch der Hoteltraum zeigt wieder, dass die Mehrheitsfraktion im Gemeinderat nicht in der Lage ist, eine ganzheitliche Gesamtplanung für (i) die Ortsentwicklung, (ii) die Ortsmitteplanung und (iii) die Planung der Bahnhofstraße-West mitzutragen. Stattdessen wird an Einzelfragen – wie Fahr-Grundstück, Hotelbau und Grüner Baum zeigen – gearbeitet, um dabei das Große und Ganze aus den Augen zu verlieren. Wir halten an einer Gesamtplanung fest und beantragen daher, auch bei der Planung der Bahnhofstraße zu einer Gesamtplanung zurückzukehren.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Axel von Walter
stv. SPD-Fraktionsvorsitzender und Liegenschaftsreferent
12.01.2014